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Beginn der Entscheidung

Gericht: Bayerisches Oberstes Landesgericht
Beschluss verkündet am 12.07.2001
Aktenzeichen: 2Z BR 139/00
Rechtsgebiete: BGB, WEG


Vorschriften:

BGB § 242
WEG § 23 Abs. 2
WEG § 24 Abs. 1
WEG § 43 Abs. 1
Die Gültigkeit eines Eigentümerbeschlusses hängt nicht davon ab, daß aus dem in der Versammlungsniederschrift niedergelegten Mehrheitsbeschluß die Anzahl der Ja- und Neinstimmen nicht hervorgeht.
Der 2. Zivilsenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts hat unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Reichold sowie der Richter Werdich und Lorbacher

am 12. Juli 2001

in der Wohnungseigentumssache

wegen Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses u.a.,

beschlossen:

Tenor:

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Landgerichts Würzburg vom 16. November 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren in allen Rechtszügen wird auf 4000 DM festgesetzt; die Wertfestsetzung der Vorinstanzen wird entsprechend abgeändert.

Gründe:

I.

Die Antragsteller (ein Ehepaar) und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus sechs Wohnungen bestehenden Anlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Die Verwalterin lud für den 12.4.2000 zu einer Eigentümerversammlung ein.

Am 5.4.2000 übergaben ihr die Antragsteller eine aus zwölf aneinandergeklebten Seiten im DIN A 3-Format bestehende Schriftrolle. Eingangs erklärte der Antragsteller: "Bitte planen Sie bei der Versammlung eine Dauer von 7 - 8 Stunden ein. Denn solange wird es dauern, Ihren Saustall aufzudröseln". Die Seiten zwei bis neun enthielten Erklärungen und Anträge zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung mit der abschließenden Bemerkung: "Wie Sie also sehen... wird es eine lange Nacht geben. Versuchen Sie ja nicht, die Punkte abzuwürgen. Da raste ich aus". Unter der Überschrift. "Und nun zu meinem Lieblingsthema verschiedenes" beanstandete der Antragsteller anschließend zunächst das Verhalten einzelner Wohnungseigentümer und erklärte u.a.: "Ich... erkläre hiermit allen Betroffenen den totalen Parkkrieg."... "Nachdem ich oder meine Frau von der Familie... und Frau... angezeigt wurde, schlagen wir natürlich mit voller Macht zurück". Es folgten die als "Renovierungsvorschläge" bezeichneten Anträge:

- Anbringung größerer Briefkästen - Einbau einer videoüberwachten Sprechanlage - Einbau einer behindertengerechten Ausfahrt von der Hofseite - Neubau eines Fahrradabstellplatzes - Einbau einer großvolumigen Regenwasserzisterne - Einbau einer Solaranlage auf dem Dach für Warmwasser - Einbau einer Photovoltaikanlage zur Stromgewinnung - Einbau eines Treppenlifts für die alten Miteigentümer - Einbau von 4 Einzimmereigentumswohnungen - Abriss der zwei Garagen und Bau eines Parkdoppeldecks - Abriss der Balkone im 1. und 2. Stock - Abriss der vorderen Treppe weil diese im Winter und bei Regen lebensgefährlich ist.

Abschließend erklärte der Antragsteller: "Nachdem ich jetzt viel Zeit habe, werde ich ununterbrochen gegen Sie vorgehen. Sie können für meine Briefe schon neue Ordner anlegen lassen. Weitere 100 Punkte werde ich noch bei der Versammlung ausführlich erläutern. Ich hoffe, dass Sie sich an diesen Punkten die Zähne ausbeißen. Ich habe mir geschworen, jeden einzelnen bis an den Rand der Verzweiflung zu treiben. Denn was die Hausgemeinschaft versucht mit uns zu treiben, dürfte einmalig sein... ".

In der Versammlung vom 12.4.2000 waren alle sechs Wohnungseigentümer mit 1000/1000 Miteigentumsanteilen anwesend. Die Schriftrolle wurde im Versammlungszimmer ausgelegt. Der als Versammlungsleiter tätige Vertreter der Verwalterin wies der Versammlungsniederschrift zufolge auf den Eingang der Schriftrolle der Antragsteller hin und erklärte, die darin enthaltenen Anträge und Vorwürfe sollten nicht zur Kenntnis genommen oder diskutiert werden, "nachdem die Form übliches Geschäftsgebaren entbehrt". Die Mehrheit der Wohnungseigentümer erklärte sich mit diesem Vorgehen einverstanden.

Zu Punkt 6 der Tagesordnung (Schadensbehebung des nur provisorisch reparierten Rohrbruchs im Bereich Kellerdecke über Sauna) teilte der Versammlungsleiter mit, im Sommer letzten Jahres sei in diesem Bereich wieder ein "Rohrleck" aufgetreten. Eine fachgerechte Behebung sei nicht möglich gewesen, da die Rohrkrümmung in die Kellerdecke hinein nur provisorisch habe erneuert werden können. Es wäre teilweise notwendig gewesen, die Arbeiten vom Badezimmer der Antragsteller aus zu erledigen, diese verweigerten jedoch den Zutritt zur Wohnung. Eine Terminabsprache zur Ortsbesichtigung habe trotz mehrfacher Versuche der Verwalterin bisher nicht getroffen werden können. Der technische Mitarbeiter der Verwalterin habe mitgeteilt, der Rohrbruch sei derzeit trocken; es könne jedoch nicht gesagt werden, wann ein Rohrbruch mit größerem Wasserschaden eintrete. Seitens der Verwalterin werde keine Haftung übernommen. Der Versammlungsniederschrift zufolge beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, dass... (Antragsteller) gegebenenfalls schadensersatzpflichtig gemacht werden, falls bei einem Rohrbruch aufgrund der Zutrittsverweigerung eine fachgerechte Behebung nicht möglich ist und daraus ein Wasserschaden größeren Ausmaßes resultiert, für den die Gebäudeversicherung nicht aufkommt.

Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, den Eigentümerbeschluss zu TOP 6 für ungültig zu erklären, die Antragsgegner zu verpflichten, die mit der Schriftrolle eingebrachten Anträge auf die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung zu setzen und hilfsweise, den Eigentümerbeschluss vom 12.4.2000 zur Tagesordnung bzw. zu den mit der Schriftrolle eingebrachten Anträgen für ungültig zu erklären.

Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 18.7.2000 die Anträge abgewiesen. Die Antragsteller haben mit der sofortigen Beschwerde ihre Anträge weiterverfolgt und den weiteren Hilfsantrag gestellt, festzustellen, dass der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 12.4.2000 zur Tagesordnung bzw. zu den auf zwölf DIN A 3-Blättern eingereichten Anträgen der Antragsteller rechtswidrig war. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde am 16.11.2000 zurückgewiesen. Die Antragsteller haben sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

II.

1. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt (§ 45 Abs. 1 WEG, § 29 Abs. 1 und 4, § 22 Abs. 1, § 17 Abs. 1 FGG i.V.m. § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB). Der Beschluss des Landgerichts ist den Antragstellern am 7.12.2000 zugestellt worden, ihre Rechtsmittelschrift ist dem Landgericht am 21.12.2000 durch Telefax übermittelt worden.

Das Rechtsmittel hat jedoch keinen Erfolg.

2. Das Landgericht hat ausgeführt:

Der Eigentümerbeschluss zu TOP 6 sei ohne Verfahrensfehler zustande gekommen, auch wenn sich aus der Versammlungsniederschrift nur ergebe, dass er "mehrheitlich" gefasst sei. Die Antragsteller hätten nicht bestritten, dass alle anderen Wohnungseigentümer für den Beschluss gestimmt hätten, außerdem seien sie bei der Versammlung anwesend gewesen. Die Beschlussfassung sei für die Antragsteller auch nicht überraschend gewesen. Aus den Ausführungen des Antragstellers auf Seite 7 der Schriftrolle ergebe sich, dass es ihm und seiner Ehefrau aufgrund der Einladung möglich gewesen sei, sich mit der Frage des Rohrbruchs im Kellerdeckenbereich und dem Zutrittsverlangen der Antragsgegner auseinander zu setzen. Im übrigen sei es den Antragstellern unbenommen gewesen, sich in der Versammlung zu den Beschlussgegenständen zu äußern. Inhaltlich sei der Beschluss nicht zu beanstanden. Schon seine Formulierung zeige, dass ihm lediglich deklaratorische Bedeutung zukomme.

Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag, die Antragsgegner zu verpflichten, die in der Schriftrolle enthaltenen Anträge in der nächsten Eigentümerversammlung zu behandeln, habe das Amtsgericht zu Recht verneint. Zwar stehe dem einzelnen Wohnungseigentümer mit dem Recht auf Beteiligung an der Willensbildung der Eigentümerversammlung auch das Recht zu, bestimmte Anträge zur Beschlussfassung zu stellen. Die Ausübung dieses Rechts unterliege jedoch einer inhaltlichen Bindung im Hinblick auf die Rechte der übrigen Wohnungseigentümer und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die zwölfseitige DIN A 3-Schriftrolle der Antragsteller entspreche keinesfalls dem üblichen Geschäftsgebaren bei schriftlichen Anträgen. Zudem enthalte sie eine Vielzahl von unsachlichen Bemerkungen und beleidigenden Äußerungen. All dies zeige, dass es den Antragstellern in erster Linie darum gegangen sei, einen geordneten Verlauf der Eigentümerversammlung zu behindern. Daher müsse den übrigen Wohnungseigentümern das Recht zugebilligt werden, die Schriftrolle nicht zu behandeln. Es könne weder der Verwalterin noch den übrigen Wohnungseigentümern zugemutet werden, möglicherweise sachlich gerechtfertigte Anträge herauszusuchen oder durch Auslegung zu ermitteln. Die Antragsteller seien in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen worden, dass es ihnen freistehe, sachliche Anträge zu stellen. Die Antragsgegner hätten in keiner Weise abgelehnt, solche Anträge in der nächsten Eigentümerversammlung zu behandeln.

Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Hilfsantrag, den zu Beginn der Eigentümerversammlung gefassten Beschluss über die Behandlung der in der Schriftrolle gestellten Anträge für ungültig zu erklären, habe das Amtsgericht ebenfalls zu Recht verneint. Diese Maßnahme habe nur für die Dauer der Versammlung Wirkungen entfaltet und sich mit ihrem Ende erledigt. Der erstmals im Beschwerdeverfahren gestellte Hilfsantrag sei ebenfalls unzulässig, jedenfalls wegen Fehlens eines Rechtsschutzbedürfnisses.

3. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Den Eigentümerbeschluss zu TOP 6 haben die Vorinstanzen zu Recht nicht für ungültig erklärt.

(1) Entgegen der Meinung der Antragsteller ist der Beschluss nicht deswegen unwirksam, weil die Versammlungsniederschrift lediglich festhält, dass er mehrheitlich gefasst wurde, ohne die Anzahl der Für- und Gegenstimmen anzugeben. Der Eigentümerbeschluss ist ein Rechtsgeschäft; als Gesamtakt setzt er sich aus den abgegebenen positiven Stimmen zusammen. Die Stimmabgaben sind ihrerseits einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärungen. Empfänger der Erklärungen im Sinn von § 130 BGB sind die übrigen anwesenden Wohnungseigentümer oder der Versammlungsleiter; mit der Wahrnehmung durch sie wird die Stimmabgabe wirksam (BayObLGZ 1995, 407/411 m.w.N.).

Daher ist für die Frage, ob ein Beschluss vorliegt oder nicht, in aller Regel der Umstand maßgebend, ob mehr als die Hälfte der Abstimmenden für den Antrag gestimmt hat. Der Feststellung des Verwalters in der Versammlung oder der Versammlungsniederschrift kommt nach der Rechtsprechung des Senats keine konstitutive Bedeutung zu (BayObLG ZMR 1998, 643/644). Allerdings ist es in der Regel aus Gründen der Beweissicherung sinnvoll und geboten, in der Versammlungsniederschrift das Abstimmungsergebnis näher aufzuschlüsseln. Für die kleine Wohnanlage der Beteiligten konnte davon jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen abgesehen werden; denn sämtliche Wohnungseigentümer waren bei der Versammlung anwesend und der Gegenstand der Beschlussfassung verlangte weder eine qualifizierte Mehrheit noch die Einstimmigkeit. Im übrigen haben die Antragsteller nicht in Abrede gestellt, dass der Beschluss mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst wurde.

(2) Zu Recht haben die Vorinstanzen angenommen, dass der Eigentümerbeschluss zu TOP 6 auch nicht wegen unzureichender Bezeichnung des Beschlussgegenstands in der Einladung zur Versammlung für ungültig zu erklären ist. Für die gemäß § 23 Abs. 2 WEG erforderliche Bezeichnung des Gegenstands der Beschlussfassung bei der Einberufung genügt es, dass die Wohnungseigentümer vor Überraschungen geschützt sind und ihnen eine Vorbereitung auf die Versammlung ermöglicht wird (BayObLG NJW-RR 2001, 374/375 m.w.N.). Diese Voraussetzungen hat das Landgericht aufgrund der in der Schriftrolle vom 5.4.2000 enthaltenen Erklärungen der Antragsteller zu TOP 6 ohne Rechtsfehler bejaht. Entgegen der Meinung der Antragsteller ist es unerheblich, dass die übrigen Wohnungseigentümer es in der Versammlung abgelehnt haben, ihre schriftlichen Ausführungen zur Kenntnis zu nehmen. Die Antragsteller hatten die Möglichkeit, sich mündlich zu diesem Tagesordnungspunkt zu äußern. Wenn sie von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht haben, kann dies die Ordnungsmäßigkeit der Beschlussfassung nicht in Frage stellen.

(3) Das Landgericht hat auch zu Recht keinen Grund gesehen, den Beschluss inhaltlich zu beanstanden. Es hat den Eigentümerbeschluss dahin ausgelegt, dass er keine die Antragsteller unmittelbar belastende Regelung enthält. Der Senat teilt diese Auslegung. Bei objektiver Betrachtung stellt sich der Beschluss lediglich als ein an die Antragsteller gerichteter Hinweis auf die Rechtslage dar (vgl. Bärmann/Merle WEG 8. Aufl. § 23 Rn. 42). Dieser Hinweis ist inhaltlich zutreffend, denn gemäß § 14 Nr. 4 WEG ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, das Betreten und die Benutzung der in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteile zu gestatten, soweit dies zur Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums erforderlich ist oder wenn festgestellt werden soll, ob Maßnahmen der Instandsetzung und Instandhaltung in Betracht kommen, soweit ausreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass solche Maßnahmen vorgenommen werden müssen (BayObLGZ 1996, 146/148 und BayObLG ZfIR 1999, 927). Verletzt ein Wohnungseigentümer schuldhaft seine Verpflichtungen aus § 14 Nr. 4 WEG, so haftet er den übrigen Wohnungseigentümern gegenüber auf Schadensersatz (BayObLG ZMR 1988, 345/346 m. w. N.; Weitnauer/Lüke WEG 8. Aufl. § 14 Rn. 10). Der angefochtene Eigentümerbeschluss beschränkt sich darauf, diese Rechtslage darzustellen; eine Pflichtverletzung wird den Antragstellern entgegen ihrer Meinung damit nicht unterstellt.

b) Der gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichtete Antrag, die in der Schriftrolle vom 5.4.2000 enthaltenen Anträge in die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung aufzunehmen, kann schon deswegen keinen Erfolg haben, weil es grundsätzlich Sache des Verwalters ist, die Versammlung einzuberufen und die Tagesordnung aufzustellen (§ 23 Abs. 2, § 24 Abs. 1 WEG; BayObLGZ 1988, 287/292 und 1970, 1/4; Bärmann/Merie § 21 Rn. 81). Bevor die anderen Wohnungseigentümer in Anspruch genommen werden können, ist der Anspruch auf Ankündigung eines Tagesordnungspunkts gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG gegen den Verwalter gerichtlich geltend zu machen (OLG Düsseldorf ZMR 1994, 520/524; Staudinger/Bub WEG § 21 Rn. 109).

c) Soweit die Antragsteller die Aufnahme von Punkten in die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung erstreben, kann ihr im vorliegenden Verfahren gestellter Antrag dahin ausgelegt werden, dass er sich in Wirklichkeit gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG gegen die weitere Beteiligte als Verwalterin richtet, denn im Wohnungseigentumsverfahren ist das Gericht grundsätzlich nicht an die Bezeichnung des Antragsgegners gebunden (BayObLGZ 1972, 246/249 f.; BayObLG DWE 1982, 66). Der Senat kann den Antrag auch unter diesem Gesichtspunkt würdigen, denn die gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG materiell am Verfahren beteiligte Verwalterin ist in allen Rechtszügen auch formell beteiligt worden; sie hat an den Verhandlungen vor dem Amtsgericht und dem Landgericht teilgenommen und sich auch schriftlich zum Verlangen der Antragsteller auf Aufnahme von Anträgen in die Tagesordnung geäußert.

d) Die Verwalterin ist nicht verpflichtet, die in der Schriftrolle vom 5.4.2000 enthaltenen Anträge in die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung aufzunehmen. Zwar kann der einzelne Wohnungseigentümer im Rahmen seines Anspruchs auf ordnungsmäßige Verwaltung (§ 21 Abs. 4 WEG) verlangen, dass ein bestimmter Punkt auf die Tagesordnung einer ordentlichen Eigentümerversammlung gesetzt wird, wenn sachliche Gründe dafür vorliegen, ihn auf einer Versammlung zu erörtern und zum Gegenstand einer Abstimmung zu machen (BayObLGZ 1988, 287/292 f.; OLG Düsseldorf ZMR 1994, 520/524; Staudinger/Bub § 21 Rn. 109 m.w.N.). Diesen Voraussetzungen genügt das Verlangen der Antragsteller jedoch nicht.

(1) ob der Antrag, die Verwalterin zur Aufnahme von Punkten in die Tagesordnung der nächsten Eigentümerversammlung zu verpflichten, schon wegen Fehlens der erforderlichen Bestimmtheit unzulässig ist, kann offen bleiben. Zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs haben sich die Antragsteller lediglich pauschal auf ihr Recht zur Anhörung und Antragstellung in der Eigentümerversammlung (vgl. BayObLGZ 1983, 109/112; Bärmann/Merle § 24 Rn. 55) berufen, ohne die Punkte, deren Aufnahme in die Tagesordnung sie wünschen, im einzelnen zu bezeichnen und auf deren jeweiligen Gegenstand einzugehen. Dazu hätte schon wegen des Umfangs der eine Vielzahl von Anträgen enthaltenden Schriftrolle vom 5.4.2000, auf die sie sich beziehen, Anlass bestanden. Das Landgericht weist zu Recht darauf hin, dass es dem Verwalter nicht zuzumuten ist, aus der Vielzahl der Anträge diejenigen herauszusuchen, die aus sachlichen Gründen für eine Erörterung in der Eigentümerversammlung in Betracht kommen. Außerdem befasst sich ein Teil dieser Anträge mit den Tagesordnungspunkten, die in der Eigentümerversammlung vom 12.4.2000 behandelt wurden. Soweit die Wohnungseigentümer darüber Beschlüsse gefasst haben - etwa über die Jahresabrechnung 1999 und die Entlastung der Verwalterin für dieses Geschäftsjahr sowie über den Wirtschaftsplan 2000 - und diese Eigentümerbeschlüsse nicht angefochten worden sind, ist von vornherein ein sachlicher Grund für die erneute Befassung der Eigentümerversammlung nicht ersichtlich.

(2) Zu Recht haben die Vorinstanzen das Verlangen der Antragsteller als rechtsmißbräuchlich (§ 242 BGB) gewertet. Allein durch die Vielzahl der in der Schriftrolle enthaltenen Anträge, die auf Verlangen der Antragsteller in einer Eigentümerversammlung behandelt werden sollen, wäre ein ordnungsmäßiger Ablauf der Versammlung gefährdet (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1986, 96). Das Landgericht hat dem Inhalt der Schriftrolle zu Recht entnommen, dass die Antragsteller das Ziel verfolgen, den ordnungsmäßigen Ablauf der Versammlung zu stören. Entgegen der Meinung der Antragsteller können ihre Anträge nicht losgelöst von den Ausführungen betrachtet werden, in deren Zusammenhang sie stehen. Form und Inhalt ihrer Angriffe gegen den Verwalter und andere Wohnungseigentümer sprechen für sich. Das gleiche gilt auch für eine Anzahl der Punkte, die in einer Eigentümerversammlung behandelt werden sollen, etwa den "Einbau von vier Einzimmerwohnungen".

e) Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Hilfsantrag auf Ungültigerklärung des Beschlusses, mit dem die Wohnungseigentümer sich dafür ausgesprochen haben, die Schriftrolle nicht in der Eigentümerversammlung vom 12.4.2000 zu behandeln, hat das Landgericht zu Recht verneint. Es handelt sich um einen Geschäftsordnungsbeschluss, der mit Beendigung der Eigentümerversammlung von selbst gegenstandslos wird. Eine selbständige Anfechtung ist unzulässig, da die Ungültigerklärung rechtlich wirkungslos bliebe (BayObLGZ 1995, 407/409 m. w. N.; Staudinger/Wenzel Vorbem. Vor §§ 43 Rn. 67).

f) Das gleiche gilt für den weiteren Hilfsantrag, die Rechtswidrigkeit dieses Eigentümerbeschlusses festzustellen. Wäre die darin getroffene Regelung rechtswidrig gewesen, hätte dies bei rechtzeitiger Anfechtung zur Ungültigkeit sonstiger in der Versammlung gefasster Beschlüsse führen können, wenn sich der Fehler entsprechend ausgewirkt hätte. Die hier beantragte Feststellung bliebe rechtlich wirkungslos (BayObLG ZMR 1997, 478/479).

4. Dem Senat erscheint es angemessen, den in allen Rechtszügen unterlegenen Antragstellern die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 47 WEG).

Der Geschäftswert für das Verfahren in allen Rechtszügen wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG auf 4000 DM festgesetzt. Der Senat bewertet den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses zu TOP 6 mit 1000 DM, den Antrag auf Aufnahme der in der Schriftrolle enthaltenen Anträge in die Tagesordnung einer Eigentümerversammlung mit 2000 DM und die beiden Hilfsanträge mit insgesamt 1000 DM. Die Geschäftswertfestsetzung der Vorinstanzen wird gemäß § 31 Abs. 1 KostO entsprechend abgeändert.

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